Friedensfürst   Die wahre Liebe leben 

 

 

 

DIE HEILIGEN, ALS UNSERE VORBILDER UND LEHRER

Es werden bestimmt jetzt einige fragen: ‚In was sollen uns die Heiligen ein Vorbild und Lehrer sein‘? Ganz einfach, sie sind uns im echten christlichen Leben ein Vorbild, ja sogar Lehrer in der Schule der Liebe, des Friedens und des Glaubens unserer himmlischen Mutter. Sie zeigen uns, wie das Wort Jesu zu verstehen ist:

„Folget mir nach.“

Bevor wir uns tiefer mit der Thematik, warum Heiligsprechungen und warum die Heiligen uns ein Beispiel im wahren christlichen Leben sein sollen, versenken, wollen, ja müssen wir uns erste einmal mit der Heiligkeit selber beschäftigen. Was bedeutet sie in ihrem Ursprungsgedanken? Was bedeutet die Heiligkeit in ihrem Wesen? Erst dann wenn wir erkennen und verstehen was Heiligkeit ist, erst dann können wir verstehen warum die katholische Kirche einzelne, „ausgesuchte“ Menschen heilig spricht und warum die Heiligen uns Vorbild sind im wahren christlichen Leben.

Was ist die Heiligkeit, um die wir im Gebet den ewigen, himmlischen Vater bitten? Was ist das für eine Heiligkeit, welche wir als wahre Christen anstreben sollen und welche wir hoffentlich erreichen, nachdem wir unseren letzen Atemzug gemacht haben. Wenn wir uns in den israelitischen Gesetzen umsehen, dann können wir oft von einem „Gerechten Gott“ lesen. Bei den Israeliten, „Gottes Weinstock“, in welchem wir Christen eingepfropft wurden durch Jesus Christus, bedeutet der Titel „Gerechter Gott“ Diese/r Diener/in aus dem erwählten Volk Gottes hat ohne Einschränkungen ohne Kompromisse und ohne Bedeutung seines eigenen Lebens nach Gottes Geboten gelebt und sie verkündet (siehe auch Bibel AT). Ein Gerechter ist aber auch jemand, der seine Kleinheit erkennt und sie annimmt. Er erkennt, daß er ohne die Hilfe und der Kraft Gottes nichts ist und kann. Gerechtigkeit, wie, es die Israeliten sehen, ist gleichbedeutend mit der Heiligkeit, wie es die heilige katholischen und orthodoxe Kirche es sieht. Kurz Gerechte, bei dem Israeliten, und Heilige, bei den römischkatholischen und ortodoxen Geschwistern, sind ein und dieselben.

Dies wollen wir nun an Hand der ältesten christlichen Schriftsteller, welche ja bekandlich Juden (Israeliten) waren, ansehen. Ich meine damit die Schriften des Hl. Paulus. Wenn wir willkürlich einen seiner ältesten Schriften nehmen, welchen er von Rom an die Philipper in Mazedonien schrieb, dann können wir gleich am Anfang lesen:

„Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, an alle Heiligen in Christus Jesus in Philippi mit Bischöfen und Diakonen. Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“ (Phil 1,1f)

Ähnlich beginnt er in seinen Briefen an andere Gemeinden. Offensichtlich sind die Heiligen für Paulus alle Gläubigen, alle Neubekehrten, welche die Gemeinden ausmachen. Zu Paulus Zeiten waren Neubekehrte, welche vom Judentum zum Glauben an Jesus Christus konvertierten, die sogenannten „Judenchristen“. Er zögerte auch nicht, wenig schmeichelhafte Worte der Ermahnung zu benutzen. Daran können wir sehen, was Heiligkeit heißt (siehe zum Beispiel Kol. 3,5-7).

Wenn die Katholiken von heute in die Heilige Messe das Sanktus singen (Heilig, heilig, heilig ist der Herr), denken sie besonders an die selbstherrliche Vollkommenheit Gottes. Sie bekennen, daß alle Tugenden, die sie an den Heiligen bewundern, sich in Gott finden, grenzenlos entfaltet, ganz rein und makellos. Heiligkeit wird hier also zu einem sinnverwandten Wort für sittliche Vollkommenheit. Wie sollen wir die Heiligkeit Gottes in Worten ausdrücken? Dieses ist unmöglich, da unser Verstand zu klein ist und. unsere Worte ersonnen wurden.  Dieses ist unmöglich, da unser Verstand, unser Intellekt kann die übergroße Heiligkeit überhaupt nicht aufnehmen (erfassen). Sie ist so mächtig, daß sie kein Bild, kein Wort, kein Gedanke sie je beschreiben kann. Aber die Propheten haben durch ihr Verhalten vor diesem Gott, den man nicht schauen kann ohne zu sterben, ein Gefühl dafür gegeben, was Heiligkeit ist. Ihre ehrfürchtige Scheu und ihre Angst, sich ihm zu nähern ist nicht die Wirkung abergläubiger Furcht, sondern das natürliche Verhalten einer Seele, welche sich ihres kreatürlichen Zustandes bewußt wird. Im Schöpfungsbericht können wir lesen, daß Gott den Menschen „ihm“ gleich geschaffen hat. Daß heißt, Gott gleich in der Vollkommenheit.

Daraus ergibt sich die Kurzfassung:

-Heiligkeit ist Beachtung der Gebote Gottes;

-Heiligkeit ist absolute Vollkommenheit in der Reinheit, Kleinheit und der Geschwisterlichkeit.

Die Worte des Herrn „Folget mir nach“ bedeuten nichts anderes als ‚begebt euch in die vollkommene Herrlichkeit‘.

Ich habe schon oft in Gesprächen gehört: ‚Warum die Heiligenverehrung, wir sollen doch alle Heilige sein? Gott macht doch keine Unterschiede, also warum das alles mit diesen Heiligsprechungen‘? Stimmt, wir sollen alle Heilige sein, aber nur wenige haben schon in ihrem irdischen Leben so gelebt, daß man sie heilig nennen kann. Ja, wir sollen heilig sein. Nur, kann jemand sagen, ohne vor Scham rot zu werden, das er heilig sei? Ich kann es jedenfalls nicht, denn dazu fehlt mir noch einiges! Alle Heiligen, bekannte oder unbekannte, haben das Evangelium gelebt, und das ohne Kompromisse. Sie sind den schweren Weg Jesu gegangen, sie haben die Krone der Heiligkeit nicht deswegen bekommen, weil sie würdig waren Jesu, Maria oder einen Engel zusehen oder Botschaften zu bekommen Sie sind deswegen Heilige, da sie das Evangelium und die Botschaften, sowie Erkenntnisse, welche sie auf ihr Herz bekommen hatten, lebten. Auch haben sie es geschafft, durch ihr Märtyrerleben und ihrer gelebten Lehre, sich mit Gott vollständig zu vereinigen. Ebenfalls sind sie dem Willen Gottes ohne ein wenn oder aber nachgekommen, indem sie der Abglanz der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit waren. Die drei großen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe, um die wir auch zu Anfang des Rosenkranzes, bei den ersten drei kleinen Perlen bitten, haben sie in einem vereinigt, in ihrem Leben. Sie waren die Demut, die Keuschheit und die Armut, durch ihrer VOLLKOMMENEN LIEBE ZU GOTT, selber. Alles an ihnen war Gebet, ihre Arbeit, ihre Verkündigung und ihr Leiden, ihr ganzes Sein, sogar ihr Tod. Sie hatten zwar auch kleine Schwächen, Sünden, aber die haben sie durch ihr heiliges Pilgerleben vollständig gesühnt. Na, daß können wir nun wirklich nicht von uns sagen. Wir sagen immer: ‚Wir wollen für Gott leiden, uns Gott als Opfer ganz darbringen‘. Aber wenn Gott uns beim Wort nimmt, sagen wir sofort: ‚Na, so habe ich es auch nicht gemeint; etwas Leiden schon, aber bitte nicht soviel, solange und so schmerzhaft‘. Die Heiligen waren nicht nur mit dem Leiden, wie es Gott ihnen gegeben hat, einverstanden, sie haben sogar noch um mehr gebeten, damit sie auch wirklich ein wahres Opfer sind! Sehen wir uns einmal den heiligen Franziskus an, da er ein gutes Beispiel im Leben und Aufopferung ist. Franziskus war der Sohn eines Tuchhändlers, der nicht gerade arm war. Er hatte zuerst auch ein verschwenderisches Leben geführt, und alles Niedere war ihm ein Ekel. Dann hat Gott ihm eine Begegnung verschafft, die der Beginn der Veränderung seines Lebens war. Diese Begegnung mit einem Aussätzigen (Lebrosen) möchte ich hier aufführen, um diese Wandlung auf Gott hin deutlich zu machen.

Die Lebrosen hatten Franziskus von jeher Ekel und Grauen eingeflößt. Der Anblick ihrer verfaulenden Glieder weckten in ihm einen solchen Widerwillen, daß es ihm bitter war sie anzusehen. Noch weniger konnte der gepflegte junge Mann ihren Geruch ertragen. Der Aussatz war für Franziskus in seinen Jünglingsjahren nicht wie für das Mittelalter eine "heilige Krankheit"; er empfand nur den denkbar größten Abscheu vor den von ihm betroffenen Menschen. Den Aussätzigen ging er grundsätzlich aus dem Weg. Auf zwei Meilen Entfernung hielt er sich mit der Hand die Nase zu, wenn er einem begegnete. Dieses Grauen ist durchaus begreiflich, denn der Anblick der furchtbar entstellten Gestalten kann man sich nicht schrecklich genug vorstellen. Da geschah es einst, daß Franziskus sich auf einem einsamen Spazierritt in der Nähe von Assisi unerwartet einem solch schauerlich zugerichteten Menschen gegenüber sah und sich bei ihm wieder spontan die heftigsten Ekelgefühle regten. Er war gerade im Begriffe, umzukehren, als er unschlüssig noch ein wenig zauderte und sich dann überwindend entschloß, von seinem Pferde zu steigen. In eine neue Situation geraten, von der Franziskus das Gefühl bekam, "der Herr selbst habe ihn dahin geführt", gab er von Mitleid übermannt, diesem von Gott geschlagenen Mann seine Geldbörse. Und nicht genug damit. Es geschah noch etwas Unerwartetes. Sein ablehnendes Widerstreben niederkämpfend, umarmte er plötzlich den Aussätzigen und "küßte ihn" mit echter gotischer Inbrunst. Bei der Betrachtung dieses Vorganges wagte man kaum zu atmen Aber mit der beinahe übermenschlichen Selbstüberwindung hatte der noch im Weltleben befangene Franziskus den ersten Sieg über sich errungen, und er empfand ihn auch als einer seiner freudigsten Erlebnisse. (Große Heilige S.39)

Franziskus hat hier eine große Gotteserfahrung gemacht, eine Erfahrung, die ihm gezeigt hat, wie gegenwärtig Gott in seinen "verabscheuungswürdigen" Kindern ist. Ich will damit nicht sagen, daß wir alle zu den Lebrosen gehen sollten, um sie zu küssen, nein, ich möchte hiermit nur aufzeigen wozu Franziskus in der Nächstenliebe fähig war. Das soll uns ein Beispiel sein, für unsere tägliche Begegnung mit den Armen, die uns anekeln. Das war der Beginn seines heiligen Lebens, und er tat noch mehr, er hatte mit seinem Vater wegen seines geänderten Lebens, das nun auf Gott ausgerichtet war, Streit bekommen, so daß sein Vater ihn dann vor das bischöfliche Gericht brachte und ihn dort anklagte. Woraufhin Franziskus sich dann auf dem öffentlichen Gerichtsplatz auszog und die Kleider dem Vater vor die Füße warf. Damit hat er bekundet, daß er das Band zu seinem nächsten Blutsverwandten zerschnitten hatte. Auch hier möchte ich nicht sagen, daß wir alle die Bänder zu unseren Eltern zerschneiden sollen, denn in den Geboten, die Gott uns durch Moses gegeben hat, heißt es ja: „Ehre Vater und Mutter“! Nur wenn dieses Band es verhindert, den Weg Gottes zu gehen, wenn dieses Band es verhindert, die anderen Gebote zu leben, dann sollte man sich entweder für Gott oder für die nächsten Blutsverwandten entscheiden; und die bessere Entscheidung hat Franziskus getroffen. Denn er hat das Wort Jesu in die Tat umgesetzt, das da heißt:

„Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert.“ (Matth 10,37)

In erster Linie ist aber der Frieden und die Liebe in der Familie ausschlaggebend. Bevor man die Trennung auf entgültiger Weise vollzieht, sollte man alles versuchen, die Unstimmigkeiten in friedlicher und liebevoller Atmosphäre zu klären. Wie Franziskus dann nach seiner Bekehrung das Wort Gottes gelebt hat, zeigt auch, wie er sehr oft dargestellt wird. Er wird oft als ein in ärmlich gekleideter Mann, der mit Zweigen eine Geige imitiert, dargestellt. So sieht er aus, als wäre er geisteskrank deshalb wird er auch „Narr Gottes“ genannt, oder er ist in seinem Wesen ein Kind geblieben. Zweitens währe der richtige Ausdruck, denn Jesus hat ja gesagt:

„Wer nicht so wird wie die Kinder, der wird nicht ins Himmelreich kommen.“ (Mark 10, 15)

Und Franziskus war wie ein Kind, was auch sein Sonnengesang beweist, das Liebeslied eines Kindes an seinen Vater, das darin die großen Taten des Vaters lobend besingt. Genauso sind es auch die anderen Heiligen, die immer bestrebt waren, Jesus in allem nachzufolgen, um Gott in der Vollkommenheit ähnlich zu werden, wie wir auch bei der Hl. Theresia von Lisieux sehen können. Sie hat schon mit 14 Jahren den Ruf verspürt, in das klösterliche Leben einzutreten; und nach einigen Schwierigkeiten, weshalb sie bis zum Papst nach Rom gegangen war, ist sie dann auch mit 15 Jahren in den unbeschuhten Karmeliterorden eingetreten. Sie hat die absolute Liebe in der Demut gelebt, sie war die DEMÜTIGE KINDLICHE LIEBE selber, sie hat den kleinen unscheinbaren Weg gefunden. Um dieses näher zu erklären möchte ich einige Zitate aus den Büchern "Große Heilige" und "Meine Berufung ist die Liebe" aufschreiben.

 

"Besonders aber lernte ich, daß die Nächstenliebe nicht im Herzen verschlossen bleiben darf." Noch mehr Eindruck als diese schönen Worte über die Nächstenliebe machte die Art, wie Therese sie selbst verwirklicht hat. Es gab im Kloster eine Schwester, die niemand recht mochte und die auch Therese denkbar unsympathisch fand. Aber die Heilige bezwang ihre Abneigung und gab sich weitaus am meisten mit dieser unliebsamsten Schwester ab. Ihr schenkte sie die knapp bemessene freie Zeit, die sie untereinander reden durften, sie beglückte sie stets mit ihrem schönsten Lächeln. Niemand in ihrer Umgebung, nicht einmal ihre leiblichen Schwestern, kamen auf den Gedanken, daß sie sich in dieser Beziehung innerlich Zwang antat. Und mehr als eine gab ihrer Verwunderung darüber Ausdruck, daß Therese ausgerechnet diese aufgeblasene, dumm schwatzende Person am meisten zu lieben schiene. Vor allem aber erstreckte Thereses Liebe sich auf Gott, der ihr seit dem Klostereintritt immer bedeutsamer geworden war. Die Gottesliebe, die nach Jesus das vornehmste Gebot ist, wurde bei ihr zu einer wahren Flammenglut. Sie liebte, wie sie sich wiederholt ausdrückte, Gott "bis zur Torheit". Mit unbändiger Leidenschaft liebte Therese Gott, sie wurde förmlich hingerissen und erlitt wahre Liebesverzückungen. Das Bewusstsein der Liebe steigerte sich bei ihr zu der Äußerung: „Komme ich ins Fegfeuer nun gut, ich werde in den   Flammen lustwandeln gleich den drei Jünglingen im Feuerofen, und das Lied der Liebe singen“. Als es ihr einmal schmerzlich bewusst wurde, daß aus den Tiefen der Hölle niemals ein Akt der Liebe zu Gott emporsteige, rief sie im Überschwang ihres Herzens aus: „Gerne willige ich ein, an diesem Ort der Qual und der Gotteslästerung verbannt zu werden, damit auch dort der Herr ewig geliebt werde“. Das Törichte solcher Aussagen war ihr selbst klar, und sie wollte damit auch nicht zum Ausdruck bringen, als begehrte sie nicht nach dem Himmel, wohl aber ihre Bereitschaft, Gott unter allen Umständen zu lieben. Lieben, geliebt werden und auf die Erde wiederkommen, um zu  daß die Liebe gelebt werde, faßte sie als ihre Sendung auf. „Gott muß, vor allem bis zum Übermaß geliebt werden, dermaßen geliebt werden, wie nie zuvor geliebt wurde“. Das Thema der Kleinheit versuchte Therese in allen Variationen abzuwandeln. Klein bleiben heißt, sein Nichts erkennen, alles von Gott erwarten und über seine Fehler nicht allzu sehr betrüben, denn kleine Kinder fallen oft, doch sind sie zu klein, um sich sehr wehe zu tun; es heißt ferner, sich keine Verdienste aufzuspeichern, sich über nichts beunruhigen zu wollen. Nicht Kleinlichkeit ist dieser Kleinheit eigen, und noch weniger darf man sie als viel Lärm um nichts bezeichnen. Sie birgt ungeahnte Möglichkeiten in sich, wie die Befreiung von aller Höllenfurcht, von der Therese bewahrt blieb. "Nein, diese Furcht kann ich nicht teilen; ich bin zu klein und unbedeutend, um verdammt zu werden; ganz kleine Kinder kommen nicht in die Hölle." Der Gedanke der Kleinheit enthält ihr religiöses Bekenntnis, und ausdrücklich wünscht sie "die kleine Therese" genannt zu werden. Aber man täuschte sich nicht. Dieser kleine Weg, den sie lehrte, ist nur scheinbar klein, und man macht sich keiner geistlichen Tatsachenspielerei schuldig, wenn man ihn als sehr Groß bezeichnet. (Große Heilige S. 418 und 422f)

 

Theresia hat sich die Schriftstellen zu eigen gemacht, wo Jesus vom Kind spricht. Sie hat verstanden daß man, um ins Gottesreich einzugehen, Kind sein muß. Ja, wir sollen heilig sein; aber wer ist der Größte? Doch nur der Kleinste, weil er der Schwächste ist. Nicht, weil er der ist, der am meisten verdient, sondern weil er sich, durch seine Schwäche und Armut, Gott als Gefäß anbietet, um alles aufzunehmen. Theresia hatte die Liebe so deutlich erkannt, daß sie sogar eine ihr unliebsamsten Schwester Liebe zeigen konnte. Ohne daß es jemand merkte, daß sie sich dazu zwang.

 

Der, den Theresia entdeckte, ist Gott, der Liebe ist. Gleichzeitig sieht sie um sich herum und auch im Karmel, daß Gott nicht erkannt ist. Gott als Liebe ist nicht erkannt. Man kennt den Gott der Gerechtigkeit, wie du mir, so ich dir, und man versucht Verdienste zu erwerben. Doch Theresia denkt: «Nicht so muß ich ihm begegnen. Gott ist Liebe, Gott ist Erbarmen. Aber was ist das Erbarmen? Das ist die Liebe Gottes, die sich über alle Ansprüche und alle Rechte schenkt». Theresia liest das Evangelium; und was findet sie dort? Sie findet Maria-Magdalena: ihr ist deswegen viel vergeben worden weil sie viel geliebt hat. Theresia sieht auch den verlorenen Sohn und die Freude des Familienvaters, der ihn wieder aufnimmt, denn das ist für ihn die Gelegenheit zu schenken. "Im Himmel ist mehr Freude über einen Sünder, als über neunundneunzig Gerechte, die durchhalten." Da sagt sich Theresia: „Der liebe Gott hat viel Liebe zu verschenken, aber er kann es nicht. Jeder präsentiert ihm seine Verdienste, und das ist so wenig…“. Sie stellt sich also vor Gott hin und sagt: „Gib mir diese Liebe! Ich bin damit einverstanden, Opfer der Liebe zu sein, daß heißt, Liebe zu empfangen, welche die anderen nicht annehmen, weil sie es nicht zulassen, daß du sie liebst“. So geartet ist ihr Vertrauen, daß die Gerechtigkeit übersteigt. Sie denkt daran, eine Hingabe an die erbarmende Liebe zu vollziehen. Das geschieht nicht ausschließlich deswegen, damit sie Liebe empfängt, sondern um, dem lieben Gott Freude zu machen". Es geschieht nur deswegen, damit Gott sich mühelos so viel schenken kann, wie er will. Sie macht sich zum Opfer der Liebe; sie ist damit einverstanden, von Liebe verzehrt zu werden, vorausgesetzt daß Gott damit zufrieden ist. Es geschieht, um ihm Freude zu bereiten; es geschieht, nicht um heilig zu sein; es geschieht auch nicht unmittelbar deshalb, um die Liebe anderen zu schenken, sondern um Gott zufrieden zustellen. Ihre Hingabe ist auf Gott ausgerichtet. Theresia schaut nur auf Gott; sie lebt von dieser Liebe: sie will Gott zufrieden stellen, ihm Freude zumachen, ihm gestatten zu lieben. Im Evangelium liest Theresia den Bericht vom Kind. Um in das Gottesreich einzugehen, muß man Kind sein. Gewiß, man muß heilig sein; doch wer ist der Größte? Das ist der Kleinste, da er der Schwächste ist; nicht weil er der ist, der am meisten verdient, sondern weil er durch seine Schwäche und Armut Gott das größte Gefäß anbietet um alles aufzunehmen. Hier ist der Kern der mystischen Theologie der heiligen Theresia. (Meine Berufung ist die Liebe S. 44-47)

 

Die Heiligen haben erkannt, daß Gott in der gelebten Liebe zu suchen ist. Im Kind sein, offen für alles, was der Vater schenken will. Sich nicht dagegen anzustemmen schwach zu sein, sondern das Schwache annehmen, damit sich Gott in seiner ganzen Herrlichkeit und seiner ganzen Kraft schenken kann. Wir sind zu stolz um zuzugeben, daß wir zu schwach und von Gott abhängig sind. Wir wollen nie zugeben, daß wir ohne Gott nichts sind: Diesen falschen Stolz müssen wir ablegen und im Geist Kind werden. Und so wollen sie die Liebe, die Gott ist, leben, damit man den LIEBEN GOTT in ihnen findet. Und das haben sie auch geschafft. So sind sie in der Vollkommenheit der göttlichen Liebe Beispiel und Lehrer. Nicht wir Menschen, die sie heilig gesprochen haben, haben sie Heilig gemacht, sondern die Liebe, jene Liebe, durch die sie ein beispielhaftes Leben für, mit und in Gott, ohne ein wenn oder aber, führen konnten. Wir geben so unserer Achtung, Anerkennung und Ehrerbietung ihnen gegenüber zum Ausdruck! Also fragen wir nicht mehr: Warum diese Heiligsprechungen, sondern sagen wir: LASST SIE UNS EIN BEISPIEL und Lehrer IM wandel zum CHRISTLICHEN LEBEN, in der wahren liebe SEIN!

 

Jesus, wir danken Dir für die Heiligen,

besonders für die Heiligste aller Heiligen,

Deine und unsere Mutter;

wir danken Dir daß ihr Leben uns ein Vorbild

für unser Leben in der Nachfolge ist.

 

Heiliger Geist, Du Geist, vom Vater gesandt, wir bitten Dich,

daß Du uns immer auf den Weg der Heiligkeit führst;

Geist der Heiligkeit, leite uns immer dazu an,

den Willen Gottes zu befolgen, Heilige der Liebe zu werden;

gib uns die Kraft, damit wir dieses ohne wenn oder aber tun können.

 

Amen